An besagtem Mortal Monday brachten Midway ihren Spielhallen-Hit unter das Volk, und mit Werbespots wie dem folgenden wurde dies in einer zu der Zeit beispiellosen Kampagne kundgetan. Der Release erfolgte auf beinahe allen zu der Zeit verfügbaren Konsolen; selbst Versionen für den Nintendo Gameboy und den Sega GameGear erschienen.
Die Reaktion der Jugend war kurz darauf klar:
Mortal Kombat war hipp, es war cool und vor allem: es gab, in den meisten Fassungen, Blut zu sehen.
Ein wahrer Werbemarathon brach am 13.09.1993 los und Mortal Kombat erschien auf beinahe allen verfügbaren Konsolen gleichzeitig.
Die Reaktion von Eltern und Erwachsenen war nicht ganz so euphorisch; die recht eindeutige Meinung lautete hier wohl eher
Brutal und menschenverachtend; von Grund auf böse.
So gerieten Videospiele in den Fokus von Jugendschützern; das Entertainment Software Rating Board, quasi das US-Äquivalent zu der USK in Deutschland, wurde als direkte Reaktion daraufhin ins Leben gerufen. Allerdings mit dem gravierenden Unterschied, dass es sich hier im Endeffekt um eine freiwillige Klassifizierung handelt.
In den USA ist es trotzdem der de-facto Standard, und kaum ein Publisher lässt seine Spiele nicht bewerten.
Auch einige Politiker beteiligten sich an der daraufhin folgenden Hetzjagd gegen Videospiele; US-Senator Joe Lieberman, der mit seiner Forderung solche Spiele zu verbieten US-weit Aufsehen erregte, ist nur ein Beispiel.
Lieberman übrigens begründete seine Meinung durch Mortal Kombat und das kurz vorher erschienene Night Trap, welches er angeblich selbst erworben hat. Bei der berühmten Senatsanhörung, die im Wortlaut leider nicht mehr zu finden ist, begründeten sie, warum sie gerade Night Trap für gefährlich hielten.
The hearings were covered heavily by the media and were co-chaired by Senators Joseph Lieberman (Connecticut) and Herbert H. Kohl (Wisconsin), during which Night Trap was cited as “shameful”, “ultra-violent”, “sick”, and “disgusting”, encouraging an “effort to trap and kill women”.
Quelle: wikipedia.org
Ironischerweise ging es in Night Trap nicht darum, Frauen in Fallen zu locken oder zu töten, sondern das genaue Gegenteil war der Fall.
Aber wie so oft bewahrheitete sich auch hier: mit der Wahrheit kommt man eben nicht voran.
Oder wie es ein deutscher Politiker mal formulierte, als er gefragt wurde, welche Spiele er denn bereits gespielt hätte:
Ich habe nicht gespielt, sondern ich habe mir diese Szenen aus mehreren Spielen zeigen lassen. Man muss sich klar machen, welche Form der Brutalität auf dem letzten Level eines solchen Spiels erwartet wird. Das ist auch das Problem der Selbstkontrollstelle der Softwareindustrie, der USK: die Prüfer gehen oft eben nicht ins Detail und sehen sich das letzte Level, in dem möglicherweise die brutalsten Szenen umgesetzt werden, nicht an.
Uwe Schünemann, 2006 in einem Stern-Interview
Da wundert einen ja nichts mehr, oder?
Nintendo, Sega und die anderen Publisher jedenfalls versuchten dem Ganzen natürlich entgegenzuwirken; während Sega eine Altersklassifizierung für notwendig errachtete und auf den Weg brachte, wollte Nintendo nicht sofort auf den Zug aufspringen; in ihren Augen reichte die familienfreundliche Politik ihrerseits aus, um jedem Ärger aus dem Weg zu gehen.
Die Gründung des ESRB wurde trotz alledem beschlossen, und auf der anderen Seite der Erdkugel war alles gut.
Aber wie sah die Situation in Deutschland aus?
Auch in Deutschland wurde, betreffend vor allem Mortal Kombat, ebenfalls über ein generelles Verbot von brutalen Videospielen nachgedacht.
Eine Indizierung wurde 1994 hastig durchgeführt, und parallel zum bald darauf erschienenen zweiten Teil wurde auch Mortal Kombat alsbald beschlagnahmt. Witzigerweise auch die SNES–Fassung, die weltweit nur in einer geschnittenen Variante herauskam. Hier wurde effektiv alles herausgeschnitten, was auch nur im Ansatz unnötig brutal war; dies war auch der Grund, wieso die Verkaufszahlen der MegaDrive-Fassung des Spieles die Verkaufszahlen der SNES-Version um ein vielfaches ausstachen.
Nach der Gründung des ESRB sah Nintendo von weiteren familienfreundlichen Zensurmaßnahmen ab, da sie sich nun nicht mehr in der vollen Verantwortung sahen.
Der BPjM war das allerdings egal, wenn es nach ihnen und der breiten Öffentlichkeit gegangen wäre, dann hätte man das Spiel mit dem Drachen am liebsten ganz aus dem Verkehr gezogen.
Einzig die GameBoy-Fassungen der Mortal Kombat-Reihe blieben von Indizierungen und Beschlagnahmungen verschont.
Von nun an also, ab Mitte der 1990er, sollten immer häufiger Spiele mit einer Indizierung oder – in selteneren Fällen – einer Beschlagnahmung bedacht werden.
Einige dieser Titel, wie das fantastische Doom und sein Nachfolger Doom II, wurden in den vergangenen Jahren vom Index geholt und wiederveröffentlicht.
Man fragt sich also wirklich, was sich großartig geändert hat. Dass die Grafik heutzutage natürlich nicht mehr zeitgemäß ist, mag mit ein Grund sein; man fragt sich aber, ob die Grafik in den 1990ern, als die Spiele erschienen sind, wirklich so viel realistischer war.
Von nun an ließ man Spiele in der Regel Spiele sein, man hatte erreicht was man wollte, und Probleme werden am besten verschwiegen.
Gäbe es nicht besondere Impakt-Situationen, die wie ein Meteoritenhagel in die Köpfe der Menschen prasseln und diese daran erinnern, dass es ja noch mehr Feindbilder gibt ausser dem eigenen Nachbarn.
auf Seite 2: Mama, Papa, Bruce und die BPjM |
auf Seite 4: Amokläufe, Manson und Videospiele |