Jagged Alliance: Flashback -Test/Review

    Man könnte meinen, dass die Zeit der rundenbasierten Strategiespiele lange vorbei ist. Doch das stimmt nicht ganz. Auch heute erscheinen immer wieder Titel dieses Genres, darunter auch das zuletzt erschienene Jagged Alliance: Flashback. In diesem Test wollen wir Euch das Spiel etwas näher bringen und Euch erklären warum eine mögliche Anschaffung gut überlegt werden sollte.

    Die Story – Back to the 80s

    Jagged Alliance: Flashback spielt Ende der 1980er Jahre und verschleppt uns auf eine karaibische Insel names San Hermanos. Die CIA hat uns den Auftrag erteilt den sogenannten “Prinzen”, einen Schmuggler und Waffenhändler, der die Insel beherrscht, auszuschalten und somit zu stoppen. Denn der Prinz hat eine neuartige Droge, namens Obsidian Meth, entwickelt und könnte damit die ganze Welt ins Chaos stürzen. Wir müssen also einen Trupp Söldner anheuern und den Prinzen auschalten.

    So viel zur Story. Da es zum Spielprinzip gehört, immer wieder neue Söldner zu rufen, haben wir hier keinen richtigen Protagonisten oder Ähnliches. Die Story selbst und Ereignisse werden in Textfenstern beschrieben. Das Gleiche gilt für Gespräche, sei es mit den Inselbewohner, neuen Söldnern oder auch der “Game Over”-Bildschirm. Alles ist in Textfenstern beschrieben. Sprich, wir haben keinerlei Zwischensequenzen im Spiel, die uns etwas erklären.

    Das Gameplay – oder besser: Was zum…?

    Auch wenn es sich hier, oberhalb dieses Abschnitts, liest, als wäre Jagged Alliance: Flashback ein Retroableger, der die Serie nochmal gelungen aufleben und auf gute, rundenbasierte Strategiekämpfe hoffen lässt, stimmt das so nicht. Denn nüchtern betrachtet ist Jagged Alliance: Flashback einfach katastrophal.

    Wir starten das Spiel und können uns entscheiden, ob wir sofort loslegen und einen Standardsöldner erhalten, oder ob wir uns durch einen “Fragebogen” der CIA durcharbeiten, damit wir bewertet und eingestuft werden. Dann erhalten wir einige Bonus-Aspekte und können unseren eigenen Söldner kreieren. Hier können wir auch verschiedene Punkte verteilen, um beispielsweise Treffsicherheit, Bewegungsgeschwindigkeit oder andere Aspekte unseres Söldners zu verändern.
    Aber schon beim Fragebogen fällt uns auf, dass wir nur banale Fragen um die Ohren geschlagen bekommen und noch banalere Antworten zur Auswahl haben. Es geht dabei soweit, dass wir uns fragen, ob sich das Spiel überhaupt selbst ernst nimmt.

    Haben wir unseren Söldner erstellt, kann es auch schon losgehen. Wir landen auf der Insel und haben grundsätzlich zwei Ansichten: die taktische und die strategische Ansicht. Die strategische Ansicht zeigt uns die komplette Insel und erlaubt es uns unsere Söldner zu verwalten und neue anzuheuern. Außerdem können wir unsere Söldner gruppieren und diese dann auf der ganzen Karte verteilen. Hier kommt jedoch die Zeitkomponente ins Spiel: Söldner können nur für eine bestimmte Zeit angeheuert werden (1 Tag, 1 Woche, 2 Woche). Der Preis variiert dann logischerweise von der Zeit, die wir unseren Söldner in Anspruch nehmen wollen. Oben haben wir eine Statusanzeige mit der aktuellen Uhrzeit und unserem Geld. Setzten wir einen unserer Truppen in Bewegung, so läuft die Zeit um ein Vielfaches schneller ab als normal. Das mag zwar nützlich sein, damit man nicht ständig auf seine Söldner warten muss, dennoch ist es sehr nervig. Vorallem, wenn ein Gebiet von unseren Söldnern erobert wurde und wir dann Milizen ausbilden möchten, um das neue Gebiet zu schützen. Das braucht seine Zeit, läuft jetzt die Zeit schneller und wir reagieren nicht, kann es sein, dass eine gegnerische Gruppe das Gebiet wieder angreift und wir aber nur einen Milizen ausbilden konnten. So verlieren wir wieder sehr schnell unsere Gebiete.

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    Die strategische Ansicht

    In der taktische Ansicht bewegen wir uns mit einem ausgewählten Söldnertrupp in einem Sektor (die Insel ist in 50 gleichgroße Sektoren aufgeteilt). Hier können wir auch jeden einzelnen Söldner aus unserer Gruppe steuern. Laufen wir durch das Gebiet und stoßen auf einen Gegner beginnt der “Kampfmodus”. Hier gilt es nun die AP (Aktionspunkte) seiner Söldner richtig einzusetzten, denn nun kostet alles AP. Während wir normalerweise nahezu ohne Ende laufen konnten, kostet nun im “Kampfmodus” jeder Schritt einen AP.
    Oft beginnt ein Kampf aber, wenn nicht wir, sondern der Gegner auf uns stößt. In diesem Fall macht der Gegner den ersten Zug, doch wir sehen meist nichts, denn die Sichtweite unserer Söldner liegt gefühlt bei 10 cm. Sprich jemnad schießt auf unsere Söldner, aber wir können nur die ungefähre Richtung ausmachen. Ist der Gegner mit seinem Zug fertig, heißt es für uns erstmal Deckung suchen. Nun gut, da wir nicht genau wissen, wo sich unser Gegner oder die Gegnergruppe befindet, laufen wir zur nächstbesten Deckung, die uns zur Schussrichtung deckt und ducken uns. Denn geduckt sind wir schwerer zu treffen, aber Stop: Ducken kostet uns wieder AP. So sind wir fertig mit unserem Zug, da wir ohne AP nichts machen können.

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    Das Vorankommen während eines Kampfes

    Nun kann es lange dauer, bis der Gegner in unsere Nähe kommt. Denn wenn wir in Deckung sitzen, nicht wissen wo sich der Gegner befindet, wären wir ziemlich blöd, wenn wir unsere Deckung verlassen. Also “setzten” wir ein paar Züge aus, damit der Gegner näher kommen kann. Währenddessen können wir vielleicht unsere Waffe nachladen, denn das kostet ebenfalls AP.
    Wenn uns der Gegner nach einigen Zügen immernoch nicht gefunden hat, dann ist der Kampf aufgrund von fehlendem Sichtkontakt abgebrochen. Bewegen wir uns dann wieder aus der Deckung, so sind wir wieder im Kampf und es geht von vorne los, da sich der Gegner meist nicht weiter bewegt.
    Während wir uns im Kampf befinden zeigt uns ein Kreis um unseren Söldner an, wie weit wir uns mit unserer AP bewegen können. Klicken wir jedoch aus Versehen einmal außerhalb dieses Kreis, sodass unsere AP für diese Strecke nicht ausreichen würde, läuft unser Söldner dennoch los und bleibt einfach stehen, sobald er keine AP mehr hat. Was hat man sich hierbei gedacht?

    Kommen wir jedenfalls in den Genuss unsere Gegner endlich auf’s Korn zu nehmen, macht auch das nicht sonderlich viel Spaß. Je nach Entfernung zum Gegner, ob wir hocken, liegen oder stehen und ob wir verletzt sind, variiert unsere Trefferchance und die benötigten AP. Moment, wenn der Gegner weiter entfernt ist, dann benötigen wir mehr AP, als wenn er direkt vor uns steht? Ähja, das klingt sinnig.
    Wir können auf Kopf, Torso oder Beine des Gegners zielen und feuern. Ganz klar, dass der Kopf hier mit der kleinsten Trefferchance vertreten ist. Außerdem können wir je nach Waffe auch den Feuermodus wechseln. Aber das interessante hier ist, dass wir beispielsweise im Schnellfeuermodus einer Waffe mehr AP brauchen, aber dennoch dieselbe Trefferchance haben, wie beispielweise im Einzelfeuermodus. Dennoch haben wir das Gefühl, dass bei allen Trefferchance unter 100% nur jeder zweite Schuss trifft. Alle anderen Schüsse gehen meilenweit daneben. Und wenn wir es mal schaffen, dass sich der Gegner direkt vor uns befindet und wir eine Trefferchance von über 100% haben, dann gehen immer noch Schüsse daneben. Wir fragen uns, wie das möglich ist.

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    Neben dem “Kampfmodus” könnte man meinen, dass wir uns als taktische Söldnereinheit auch durch das Gebiet schleichen könnten: Fehlanzeige. Es läuft fast immer auf eine Konfrontation hinaus, bei der nicht oft immer mehr und mehr Gegner wirklich aus dem Nichts auftauchen und uns mit ihren besseren Waffen kurz über den Haufen schießen. Wer gedacht hat, dass man sich schnell in der strategischen Ansicht neue Waffen und Ausrüstung kaufenkann, hat sich geschnitten. Hier können wir lediglich unsere Söldner trainieren und Punkte verteilen. Sterben diese jedoch, sind sie nicht mehr verfügbar. Sind alle Söldner gestorben, haben wir verloren, da wir nicht mehr anfordern können.
    Was die Ausrüstung angeht benutzen wir, was wir finden. Jeder Söldner hat seinen eigenen Rucksack. Dazu gibt es noch einen Gruppenrucksack. Hier können wir jedem Söldner Ausrüstungsgegenstände zuteilen. Was uns hier besonders auffällt, ist, dass manche Menüs oder Auswahlpunkte nicht auf Deutsch, sondern auf Englisch sind und dass wir bei deutschen Texten teilweise mit Schreibfehlern oder fehlenden Buchstaben zu kämfen haben.

    Die Technik – Ein wenig zu spät…

    Apropos Kämpfen: auch die Engine könnte einige Performanceupgrades vertragen, denn sie kämpft scheinbar mit sich selbst.
    Wenn mehr als 6 Personen auf dem Bildschirm zu sehen sind, dann kann es zu starken Framedrops kommen. Selbst ein leistungsfähiger Prozessor kann hier nichts retten. Performancetechnisch hat Jagged Alliance: Flashback leider auch nichts zu bieten. Grafisch erleben wir hier ebenfalls nichts Großartiges. Man kommt hier einige Jahre zu spät.
    Problematisch ist auch die nahezu nicht vorhandene KI. Unsere Söldner suchen sich wirklich immer den umständlichsten Weg, um einen Wegpunkt zu erreichen. In einem Gebäude ist es kaum auszuhalten. Gegnerische Einheiten können ebenfalls nicht mit ihrer Intelligenz prahlen: sie schießen ihren eigenen Leuten in den Rücken, rennen irgendwo herum und beim Verlust von Sichkontakt wissen sie nicht was sie machen sollen.

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    Ohne Schwierigkeit ist dagegen die Installation:

    Das Spiel muss bei der Installation über ein Steamkonto aktiviert werden, damit es spielbar ist. Die Installation läuft ohne Probleme ab und ist für Windows, Macs und Linuxsysteme geeignet.

    Folgendes ist als Systemvorraussetzung gesetzt:

    Minimum:

    • Betriebssystem: Windows 7 
    • Prozessor: Intel Core i3 oder gleichwertiger AMD-Prozessor
    • Arbeitsspeicher: 4 GB RAM 
    • Grafikkarte: Intel HD4400 / AMD HD 6670 
    • Festplattenspeicher: 5 GB

    Empfohlen:

    • Betriebssystem: Windows 7
    • Prozessor: Intel Core i5 oder gleichwertiger AMD-Prozessor
    • Arbeitsspeicher: 8 GB RAM
    • Grafikkarte: Nvidia GeForce 600 Serie oder gleichwertige AMD-Grafikkarte
    • Festplattenspeicher: 5 GB

    Aber hier stellt sich wieder die Frage: inwieweit sind die oben genannten Anforderungen akzeptabel? Hier sollte definitiv noch an der Optimierungsschraube gedreht werden.

    Fazit

    Jagged Alliance: Flashback. Ein Spiel über das ich eigentlich nicht mehr sprechen möchte. Es ist frustrierend, unspektakulär, nicht fesselnd und vielleicht mäßig interessant. Aber das Schlimmste ist wirklich, dass das Spiel einen sehr unfertigen Eindruck hinterlässt. Trotz Kickstarter-Kampagne, bei der über 350 000$ gesammelt wurde, und dem Fakt, dass Entwickler stark mit der Community zusammenarbeiten wollten, ist hier ein recht mäßiges bis schlechtes Spiel entstanden.
    Die einzig vernüftige Sache ist die Retailbox, denn die enthält in der “Back to the Island”-Edition ein ordentliches Handbuch, eine Karte von San Hermanos, eine Postkarte und einen Handy Display Cleaner.
    Dennoch sollte man sich überlegen, ob man an dieser Stelle wirklich knapp 30€ für ein unfertiges Spiel ausgeben möchte, das wahrscheinlich auch nicht durch DLCs oder größeren Patches verbessert werden wird. Wer jedoch unbedingt nochmal Jagged Alliance spielen will, sollte lieber wieder zu Jagged Alliance 2, mit seinen vielen Mods und Erweiterungen, greifen. Von Flashback ist abzuraten.

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