Letzte Woche strahlte Nintendo eine neue Ausgabe ihrer Nintendo Direct aus. Es war alles andere als eine gewöhnliche Folge des hauseigenen Formats und dafür gibt es zwei Gründe. Der erste: Super Mario feiert seinen 35. Geburtstag, ein Tag zum Feiern also. Der zweite Grund, warum diese Direct so im Gedächtnis bleiben könnte, ist aber ein anderer. Nintendo hat verkündet, dass die Spiele anlässlich zum Jubiläum des beliebten Klempers zeitlich limitiert sein werden. Und hier beginnt das eigentliche Drama. Im Rampenlicht dabei Super Mario 3D All-Stars.
→ Unsere Zusammenfassung der Nintendo Direct
Limitierungen an sich sind ja eine längst bekannte Sache und auch seit Jahren Gang und Gäbe. Oft genug erscheint ein neuer AAA-Titel in normaler Version digital oder in der Box, dann als Limited Edition mit einigen digitalen Beigaben und on the top ragt die Collector’s Edition mit manchmal sehr schicken Figuren oder Ähnlichem. Alles kein Problem, so kennen wir es und so haben wir uns dran gewöhnt. Nintendo beschreitet jedoch mit der angekündigten Spielversion von All-Stars einen Weg, der sehr gefährlich werden kann, wenn man es aus Sicht des Spielers/Konsumenten betrachtet.
Zeitliche Limitierung als neue Verkaufsoption?
Angekündigt wurden unter Anderem zwei neue Spiele für Switch und wichtig für diese Zeilen ist Super Mario 3D All-Stars. Eine Sammlung, die die drei Spiele Super Mario 64, Super Mario Sunshine und Super Mario Galaxy enthält. Warum Galaxy 2 in dieser Zusammenstellung keinen Platz mehr findet, wissen wir nicht. Gut möglich, dass Big N sich noch etwas in der Hinterhand behalten möchte, aber das ist reine Spekulation. Das zweite angekündigte Spiel war Super Mario 3D World gemeinsam mit Bowser’s Fury, aber damit sind bislang noch keine Probleme am Horizont in Sicht.
Jetzt kommt der eigentliche Aufhänger, denn Nintendo hat zeitgleich mit der Ankündigung bekannt gegeben, dass Super Mario 3D All-Stars zeitlich limitiert sein wird. Die Sammlung erscheint am 18. September und wird bis einschließlich 31. Mai 2021 erhältlich sein. Und zwar sowohl physisch im Laden, als auch digital. Eine Produktion der Cartridge kann man natürlich begrenzen, aber es stellt sich die Frage, warum man den Vertrieb der digitalen Version ebenfalls an diesem Stichdatum wieder einstellt.
Die wirklichen Gründe kennen wir an dieser Stelle (noch) nicht, aber Nintendo betreibt damit ein Spiel, das sehr gefährlich werden kann. Denn die künstliche Verknappung von erwarteten Spielen führt unweigerlich immer dazu, dass die Preise durch die Decke gehen. Und genau dieses Phänomen kann man schon jetzt bei Super Mario 3D All-Stars sehen, z.B. auf Ebay. Während das Spiel bis zum Wochenende noch bei großen Händlern wie Amazon, Media Markt und Co. vorbestellbar war, wurden die Vorräte binnen kurzer Zeit knapp. Mehr noch, bei nahezu allen Händlern war das Kontingent vergriffen und so hieß es im Verlauf des Samstags dann gerne mal “Dieses Produkt kann momentan nicht vorbestellt werden.” Uff…
Auf Lager – Vergriffen – Wieder vorrätig
Zum Wochenstart hat sich die Situation wieder etwas entspannt, zumindest listen wieder ein paar Shops wie Amazon oder Bücher.de die Spielesammlung für Switch und das auch zum regulären Preis von 59,99€. Dennoch raten wir hier: Wer das Spiel als Retail besitzen möchte, der sollte schon jetzt die Vorbestellung platzieren. Und es ist schon ein Stück weit traurig, dass man es einfach so klar sagen muss: Entweder kauft ihr jetzt oder ihr werdet mitunter völlig überzogene Preise zahlen müssen.
Bleibt die Frage nach dem Warum. Warum bringt Nintendo ein Spiel auf den Markt und limitiert es für den Zeitraum von 6 Monaten? Jedes Kind weiß – und Nintendo selbst am Besten-, dass sich die Super Mario Spiele wie geschnitten Brot verkaufen. Und das auch noch Jahre nach ihrer Veröffentlichung. Also: Warum?
Die Frage ließ mich das gesamte Wochenende nicht los. Ein ums andere Mal ertappte ich mich dabei, dass ich mir genau diese Frage stellte. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich im damals 1985 im zarten Alter von 6 Jahren die ersten Schritte von Super Mario auf dem NES selbst daheim mitgemacht habe. Und da mache ich mich ehrlich, wenn ich für mich konstatieren kann, dass ich seit diesem Moment der Spielreihe komplett verfallen bin. Noch heute sauge ich jeden Infoschnipsel zu Mario stärker auf, als es Kirby jemals tun könnte.
Zwei Möglichkeiten oder Theorien sind mir dabei in den Sinn gekommen.
Theorie 1: Die Corona Pandemie zollt ihren Tribut. Mit der Limitierung kann Nintendo sehr schnell sehr viel Geld verdienen.
Gegen dieses Argument spricht, dass die Gaming-Branche innerhalb der andauernden Pandemie als einer der Gewinner gelten darf.
→ Die Gaming-Branche boomt
Gerade die Nintendo Switch war durch Corona die heißeste Konsole am Markt. Im Frühjahr und noch Anfang des Sommers war die Hybridkonsole streckenweise komplett vergriffen. Was dazu führte, dass die Preise, und hier ist mal wieder Ebay zu nennen, in Dimensionen abtrifteten, die bis dato unbekannt waren. Preisverläufe zeigen, dass Endsummen von über 500€ für gebrauchte Konsolen erzielt werden konnten.
Das gilt für die Switch, nicht aber für die Switch Lite. Das kleinere und lediglich portable Modell war nie so begehrt wie der große Bruder. Seit Release bis heute ist der Preis fast ausschließlich gefallen und nie gestiegen, eben auch weil die Konsole zu jedem Zeitpunkt noch verfügbar war.
Der Punkt dabei ist, dass die Switch Lite droht ein Ladenhüter zu werden. Und das kann einem erfolgsverwöhntem Nintendo überhaupt nicht gefallen! Die Konsequenz daraus könnte sein, dass man nun an anderer Stelle versuchen möchte, verlorenes Kapital wieder reinzuholen. Und was bietet sich dafür besser an, als das größte hauseigene Zugpferd? Also limitiert man eben Super Mario 3d All-Stars, weil man weiß, dass man es dann noch schneller aus der Hand gerissen bekommt. Große Ketten haben sehr wahrscheinlich mittlerweile extrem große Mengen der Verkaufsversionen nachgeordert, um der Flut an Kundennachfragen gerecht werden zu können.
Theorie 2: Nintendo plant schon für die nächsten 2 anstehenden Geburtstage.
Diese Option kam mir erst einige Zeit später, ist aber deutlich wohlwollender dem Konzern aus Japan gegenüber. Denn blickt man in die Anfänge des NES zurück, dann hat nicht nur Super Mario seinen 35. Geburtstag.
Nächstes Jahr feiern zwei weitere starke Serien das gleiche Jubiläum: Zelda und Metroid. Hat man das im Blick, dann könnte Nintendo hinter der Limitierung der All-Stars Collection auch einen anderen Plan verfolgen. Nämlich den, dass man sich selbst keine potentiellen Käufer wegschnappen möchte.
Nehmen wir einfach mal Folgendes an: Zum Jubiläum von Zelda und Metroid werden auch ähnliche Spielsammlungen veröffentlicht. Für Zelda etwa eine Sammlung für Switch bestehend aus Ocarina Of Time, Wind Waker und Twillight Princess. Gleiches gilt für Metroid, auch hier lassen sich im Nu 3 Spiele finden, die Zocker weltweit mit Kusshand nehmen würden. Nintendo hätte derweilen das Problem, dass all diese Sammlungen zum Vollpreis von rund 60€ auf dem Markt erscheinen würden. Nicht jeder kann es sich leisten, mal eben so diesen Betrag für ein Spiel auf die Theke zu legen. Verknappt Nintendo also das Angebot, dann entzerrt sich die Lage unter Umständen. Wenn im März der Verkauf von Super Mario 3D All-Stars wieder stoppt, dann hätten sich potentielle Kunden bis dato das Spiel zum Vollpreis sichern müssen. Nach Verkaufsstop erscheint dann 1-2 Monate später eine Zelda Collection, die ebenfalls nur rund 6 Monate verfügbar sein wird. Und im Herbst dann anschließend die Metroid Sammlung.
Quo vadis?
Ob dem so ist, ist natürlich alles andere als Gewiss, es ist letztlich nicht mehr als ein Dahin-Spinnen von mir selbst. Aber es wäre die mir deutlich liebere Begründung. Eine Sache hat Nintendo jedenfalls schon jetzt erreicht: Der Gebrauchtmarkt für die All-Stars Collection wird in Zukunft extrem begrenzt sein.
So oder so, es ist und bleibt ein Spiel mit dem Feuer. Die Screenshots im Text zeigen, dass die Verknappung eines begehrten Produktes schon vor seiner Veröffentlichung Formen annimmt, die keinem Gamer recht sein können. Und Nintendo selbst sollte auch kein Interesse daran zu haben, sich mit der Gamerschaft in dieser neuen Form anzulegen. Denn aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass Big N die treuste Spielergemeinschaft weltweit hinter sich versammelt sieht. Es wäre mehr als schade, wenn dieser Weg jetzt dauerhaft Einzug ins Business halten würde.
Dieser Text spiegelt die persönliche Meinung des Redakteurs wider.