Dass Gaming an der Konsole, am PC oder am Smartphone, schon lange im Alltag der Meisten angekommen ist, sollte uns nicht verwundern. Der Vergleich zwischen professionellem Sport und einfachem Hobby ist stets ein Streitpunkt, in den sich die Gesellschaft gerne verwickelt. Ein Abstecher in die Strategie, MOBA, Shooter und weitere Genres zeigt hier klar auf, dass Diese längst einen anderen Stellenwert erreicht haben als man es vor ein paar Jahren vermutet hätte. Riesige Preisgelder, Events in gigantischem Ausmaß und eine stetig wachsende Community prägen die heutige “Pro-Szene”. Die Entwicklung hin zum Online-Gaming hat jedoch auch Auswirkungen, auf die manch einer gerne verzichtet hätte. So wird sich nicht mehr an der Konsole verabredet und man sitzt im Wohnzimmer auf der Couch, viel mehr ist die Anwesenheit des Anderen nicht nötig. Man trifft sich virtuell.
Eine der Bastionen gegen diesen Trend ist das TCG oder der Vollständigkeit halber das Trading Card Gaming. So gut wie jeder kennt eines bzw. hat es schon einmal selbst praktiziert oder kennt jemanden, der diesem, wie wir gleich feststellen werden, genialen Unterhaltungsmedium frönt. Trotzdem finden wir hier oft, genau wie beim Gaming, Parallelen in der fehlenden gesellschaftlichen Akzeptanz, über die Ernsthaftigkeit eines Spiels sowie die belächelte Seriosität eines Sports.
Ich selber habe mich schon in den verschiedensten Fassetten mit dem TCG auseinander gesetzt und die Möglichkeit erhalten bei einem von Konami, einem der bekannten Verleger der Gamingbranche, organisierten Event dabei zu sein! Dabei handelte es sich um eines der größten offiziellen deutschen Turniere im Bereich des Yugioh TCG.
Die Deutsche Meisterschaft 2016!
Am Wochenende des 27.05.2016 – 29.05.2016 fanden, bei bestem Wetter, in der Rheingoldhalle in Mainz die Deutschen Meisterschaften 2016 des Yugioh Trading Card Games statt! In Vertretung der Game2Gether Redaktion und des Team Heldenwelt haben wir uns die beiden Tage einmal ganz genau angeschaut, um euch das Event mit der Berichterstattung so nahe wie möglich zu bringen. Zwischen einer Menge Spaß und spannenden Matches hatten wir auch unseren Alexander Schmidt vom Team Heldenwelt dabei, welcher die Matches so oft und gut es ging analysierte und auch mit den Profis einige Deckfeatures durchführte. (Diese findet ihr unten)
Die sogenannten Feature Matches konnten sogar vor Ort auf einer großen Leinwand, über Beamer und an den dafür geeigneten Endgeräten, als Stream auf Twitch mit verfolgt werden. Wer diesen verpasst hat oder einmal einen Blick auf die rasanten Spielzüge werfen möchte, klickt einfach hier!
Wer ganz neu im Spiel ist, braucht sich absolut keine Gedanken machen! Der Stream wurde von den beiden unglaublich sympathischen Kommentatoren Oliver Gehrmann und Umut Serin begleitet, was nicht nur immens zur Unterhaltung beitrug, sondern auch zum Verständnis bei bot! Neben den 954 Spielern hatten sich auch einige Gäste eingefunden und verfolgten begeistert den Turnierverlauf.
Die Stimmung unter den Spielern war in keinster Weise angespannt, so wie man es eigentlich bei solch einem Wettstreit erwartet hätte. Es stand bei vielen der Spaß im Vordergrund und wirkliche Streitigkeiten hatten keine Chance aufzukommen. 40 Judges, zu deutsch Schiedsrichter, überwachten die Spieler, um einen fairen Ablauf des Turniers zu gewährleisten und im Zweifelsfall für Regelfragen bereit zu stehen. Auch die Organisation von Anmeldung und Side Events sowie das Catering oder die Möglichkeit sich noch einmal die ein oder andere Karte für sein Deck zu ergattern, waren gut durchdacht und wurden von allen Beteiligten mit Freude angenommen. Nach 7 Spielrunden wurden die besten 256 ermittelt, welche damit in die zweite Runde am nächsten Tag einzogen.
Wir haben für Euch Tag 1 in einem VLog zusammengefasst:
Tag 2 begann und die 256 fanden sich nochmals zu 3 Qualifizierungsrunden zusammen. Ebenso starteten die Public Events für die Spieler. Die Win-a-Mats (Gewinn eine Spielmatte) und der Team Cup mit ganz besonderen Regeln wurden auf die Beine gestellt und es fanden sich jede Menge Spieler dafür an den Tischen ein. 23 Teams hatten sich zusammengefunden und kämpften um den Sieg für ihre Mannschaft, denn von 3 Spielern, die ein Team bildeten, mussten mindestens 2 ihr Spiel gewinnen, um ihr Team weiter zu bringen. Besondere Regeln gab es für dieses Format auch, denn so wie die Einzelspieler sich an Bann-Listen zur Deckerstellung halten mussten, galt diese Liste für alle Decks zusammen. So durften Karten zum Beispiel nicht wie sonst dreimal in einem Deck sein, sondern nur einmal in allen Dreien gespielt werden. Ein sehr interessantes Konzept, welches allen Teilnehmern eine Menge Spaß und auch tolle Boosterpreise bescherte.
Nachdem die letzten Qualifizierungen ausgespielt wurden, ging das Turnier in die heiße Phase, denn die Top 64 Spieler befanden sich jetzt in der Single Elimination, was bedeutete, dass man nun nur weiter kam, wenn man seinen Gegenspieler besiegte – für den Verlierer war das Turnier leider damit vorbei. So wurden es die besten 32, 16, 8, 4 und schließlich standen sich Timo Hempel mit seinem Odd-Eyes Majespecter-Deck und Florian Behrend mit dem Xyz-Monarch-Deck gegenüber. Über den Live Stream fieberten die verbliebenen Spieler und Zuschauer mit, doch es konnte wie immer nur einen Sieger geben.
Timo Hempel behielt die Nerven und wurde Deutscher Meister 2016! Wir haben ihn uns nach der Siegerehrung direkt geschnappt, um einmal nachzufragen, wie er die Tage empfunden hat und er verriet uns sogar in einem Deck Feature, was er da ganz genau gespielt hat.
Die Videos dazu findet ihr hier:
Chris Trautwein – Pendulum Deck
Top 8 Joshua Schmidt – FK Kozmo
Das Deck des Deutschen Meisters 2016 Timo Hempel – Odd-Eyes Majespecter
Fazit
Ich bin schon mit einer sehr hochgesteckten Erwartungshaltung in dieses Event gegangen, in der Hoffnung, dass ich mir die Frage, ob es nun Sport ist oder nicht, beantworten kann. Bevor ich aber auf die Frage eingehe, noch ein paar Dinge in eigener Sache. Ich war verblüfft wie dermaßen groß die Altersspanne der Turnierspieler war. Es ist ebenfalls umwerfend, wie offen diese untereinander agieren und auch auf Andere, wie zum Beispiel mich als Reporter, reagieren. Auch Mütter und Väter sowie Großeltern, welche ihre Kinder begleitet haben, waren in großer Zahl vorhanden, um sich auch mit der Passion des TCG auseinander zu setzen. Als Außenstehender habe ich dieses erhofft und war bewegt, dass es sich auf der Deutschen Meisterschaft direkt bestätigen konnte. Neben Spaß und Fairplay können die jüngeren Spieler noch eine Menge mehr mitnehmen als nur Preise. Dafür kann man die Yugioh Community nur beneiden. Mit der Firma JOKMOK war diese Veranstaltung bestens organisiert und rund um betreut. Ich konnte mich bei Fragen jederzeit an einen der Zuständigen wenden und sichergehen, dass ich schnellstmöglich eine Lösung bzw. Antworten bekam. Die Location der Rheingoldhalle Mainz war der Masse an Personen ohne Probleme gewachsen, nur die Klimaanlage dem sonnigen Wetter nicht, was das Event jedoch nicht negativ beeinflusste. Der Live Stream und dessen Kommentatoren waren dem Event entsprechend und zwar nah am Spieler und zugleich noch unterhaltend für Jene, die mit Yugioh noch nicht vertraut sind. Lediglich die Technischen Probleme und der fehlende Ton des Streams in der Location, rückten diesen in ein schlechtes Licht. Auch die Siegerehrung fiel ein wenig mager aus, da zum Einen die Leute, welche nicht weitergekommen waren, bereits die Heimreise angetreten hatten, zum Anderen, weil dieser wichtige Abschluss des Turniers vom Klappern der Stühle und Tische übertönt wurde, welche die Spieler bei ihrem weg nach Draußen hin und her schoben. Hier sollten sich Spieler und Organisation etwas mehr Zeit nehmen, um dem Event im Ganzen auch gerecht zu werden.
Ansonsten bleibt für die 2 Tage nur Begeisterung in meinem Gedächtnis über. Was mich zur Antwort der anfänglichen Frage kommen lässt. Wenn wir Sport mit Fairness, Spaß und der Erforderung von ausdauerndem Training für Erfolge definieren, dann handelt es sich definitiv beim Yugioh TCG um einen Sport, der seines Gleichen sucht. Die Spielerfahrung und der Charakter, den man braucht, um sich dauerhaft in diesem Genre durchzusetzen, sind, genau wie die Spieler Community selbst, nicht zu unterschätzen. Die Schublade des „klassischen Nerds” zu öffnen wird bei näherer Betrachtung obsolet. Die TCG Spieler haben es anscheinend verstanden, was es ausmacht sich wirklich sportlich zu verhalten, auch wenn man es ihnen vielleicht nicht ansieht.
Daran können sich die körperbetonten Sportarten und unsere Gaming Community gerne einmal ein Beispiel nehmen.
Zuletzt möchte ich mich noch bedanken bei den vielen Helfern, die das Ganze logistisch ermöglicht haben, bei Game2Gether und Team Heldenwelt für die Hilfe bei der Umsetzung, insbesondere bei Michelle Bieber für Arbeiten vor und hinter der Kamera und Alexander Schmidt, welcher das Projekt im analytischen Teil betreute, bei der Firma JOKMOK sowie Konami für die mir gegebenen Freiheiten auf dem Gelände und selbstverständlich bei den Teilnehmern für das Verständnis und die Offenheit dem Medium gegenüber.
Ich hoffe, dass wir bei der Yugioh Europameisterschaft erneut einen Einblick wagen dürfen!